Hügelgräber

Hügelgräber im Lindetwald

In den 1920er Jahren entdeckte Johann Huber, der pensionierte Leiter der Molkerei in St. Marienkirchen, eine Reihe von Erdhügeln im Lindetwald. Da er sie für frühgeschichtliche Grabhügel hielt, setzte er sich mit dem Heimathaus in Schärding in Verbindung, über das Kontakte mit dem Bundesdenkmalamt und Dr. Georg Kyrle (1887–1937), damals Professor für Urgeschichte und Höhlenforschung an der Universität Wien, hergestellt wurden. Kyrle hatte zunächst die familieneigene Stadtapotheke auf der Silberzeile in Schärding geführt, sich dann aber der prähistorischen Archäologie und Höhlenkunde zugewandt. Nachdem auch der Grundbesitzer, Ferdinand Graf von Arco-Valley auf Schloss St. Martin im Innkreis, seine Erlaubnis zu den Ausgrabungen erteilt hatte, wurden die im Lindetwald entdeckten Hügel im August 1929 archäologisch erforscht.

Das Innviertel gehört zu den ältesten Siedlungslandschaften Mitteleuropas. Funde von Steinwerkzeugen und anderen Siedlungsspuren aus der frühen Jungsteinzeit lassen darauf schließen, dass die rechte Uferterrasse des Inn zwischen Altheim und Wernstein bereits um etwa 5500 v. Chr. relativ dicht bewohnt war und es auch danach immer blieb. Die verkehrsgünstige Lage mit zahlreichen Wasser- und Landwegen sowie der äußerst fruchtbare Boden boten hierfür günstige Voraussetzungen.

Die sechs Hügelgräber befinden sich auf relativ hohen Erhebungen des Lindetwaldes. Hügel 1 ist in der Nähe des 2008 erbauten Hochspeichers der Ortswasserleitung zu finden, die Hügel 2–6 in etwa zwischen den Ortschaften Vielsassing und Unterteufenbach-Au. Die Grabhügel sind meist kreisförmig und haben unten einen Durchmesser vom etwa 14 m, die durchschnittliche Höhe beträgt 1,3 m. Kyrle und seine Mitarbeiter stellten fest, dass die Grabhügel in der mittleren Eisenzeit um etwa 450 v. Chr. angelegt wurden. Sie beweisen, dass das Gebiet um St. Marienkirchen zur Zeit des Übergangs von der Hallstatt- zur Latènekultur bewohnt war. Die Anhöhe des Lindet war zu jener Zeit nicht bewaldet, sondern wurde wahrscheinlich als Weide genutzt, so dass die Hügelgräber aus großer Entfernung gut zu sehen waren. Der Umstand, dass sich die Grabhügel bis heute erhalten haben, zeigt zudem, dass dieser Bereich nie intensiv für den Ackerbau verwendet wurde.

Die in den Hügelgräbern bestatteten Personen waren höchstwahrscheinlich lokale Würdenträger und ihre Angehörigen. Man hatte die Toten zunächst verbrannt und die Asche dann in Urnen in den Hügeln beigesetzt. Aus den sechs Grabhügeln konnten topfförmige Gefäße aus Keramik und Beigaben (Dolche, Lanzenspitzen) geborgen werden, die allerdings ziemlich schlecht erhalten waren. Die meisten Fundstücke waren im feuchten Lehmboden bis zur Unkenntlichkeit verwittert, und von vielen Gefäßen waren nur mehr kleine Scherben übrig. Besser erhaltene Stücke wurden samt ihrer Lehmhülle geborgen und restauriert. Eine Untersuchung von Pflanzenresten aus den Grabhügeln ergab, dass um 450 v. Chr. Tannen, Ahorne, Rotbuchen und Eschen im Gebiet um St. Marienkirchen wuchsen. Wie einige der in den Hügelgräbern gefundenen eisenzeitlichen Gefäße aussahen, wird im Heimathaus/Stadtmuseum Schärding gezeigt.

Literatur:

- Georg KYRLE, "Endhallstattzeitliche Hügelgräber im Lindetwalde bei Schärding (Oberösterreich)", in: Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft in Wien 62 (1932), S. 257-265.

- Marianne POLLAK / Wilhelm RAGER, "In Villa Antesna: Zur frühgeschichtlichen Siedlungsentwicklung im nördlichen Innviertel", in: Fundberichte aus Österreich 39 (2000), S. 357-379.